Donnerstag, 22. Oktober 2009

Beratung - mit den Augen eines Insiders

In Orhan Pamuk´s Werk Istanbul ist über den herausragenden Maler, Architekten, Innen- und Gartenbauarchitekten Antoine-Ignace Melling zu lesen, der in Istanbul gewirkt hatte (u.a. hatte er in jungen Jahren bei seinem Vater gelernt, der am Hof des Großherzogs von Baden in Karlsruhe arbeitete). Voller Bewunderung schreibt Pamuk über Melling, der seine – beider – Stadt Istanbul so überragend in seinen Bildern gemalt hatte. Was Melling auszeichne sei, dass er nicht in irgendeinem definierten Stil oder übergestülpter romantischer Verklärung die orientalische Stadt male. Er male sie vielmehr in großartiger Schönheit mit den Augen eines Insiders. Melling sehe die Stadt wie ein Istanbuler aber male sie mit der Technik und dem klaren Blick des Westeuropäers. Das ist in sehr schönen Ausführungen von Pamuk beschrieben.

In mir hat es eine Vorstellung ausgelöst, wie ich glaube, dass Berater arbeiten sollten: Wie die Menschen im Unternehmen mit dem Herzen auf eine Organisation schauen – und sie doch mit klarem Blick gleichsam aus der Distanz wahrnehmen und dabei unterstützen, sie mit anderer Methodik / Technik – die dort nicht bzw. noch nicht verfügbar ist - zu „zeichnen“, so dass ein schönes Bild von der Zukunft entsteht, dem sich keiner entziehen mag.

Dienstag, 6. Oktober 2009

Es ist Deutschland hier - zur interkulturellen Kompetenz von Politikern

Ich hatte im Frühjahr in meinem Post zur interkulturellen Kompetenz eher nebenbei auf Fehlpässe einiger politischer Würdenträger auf diesem Gebiet abgehoben.

Es war klar, dass dies nicht nur Vertreter einer Partei beträfe, aber ich nahm nicht an, dass sich dies so schnell und drastisch wiederholen könnte. Die Herren Rüttgers und Westerwelle - immerhin wohl künftiger Außenminister - geben nun weitere Beispiele fehlender interkultureller Sensitivität ab.

Ich habe inzwischen von mehreren ausländischen Kollegen, die hierzulande leben, zu Herrn Westerwelles jüngstem Ausrutscher in einer Pressekonferenz kopfschüttelnde Reaktionen vernommen. Vom "incredible" bis hin zu "does he call this diplomacy?". Eines scheint gelungen: Das Stereotyp vom "Deutschen" in kräftiger Kontur zu bestätigen.

Das Verhalten scheint mir jenseits aller Wertung prototypisch - die unglückliche Figur, die Herr Westerwelle in seiner Pressekonferenz abgibt, versinnbildlicht die im Alltag oft zu findende Haltung, die für interkulturelle Zusammenabeit eine Riesenhürde darstellt. Das Typische dabei: Es ist gar nicht bewusst.

Ob in der Zusammenarbeit in der Firma, oder in Begegnungen im öffentlichen Bereich (ähnlich wie Hr. W. schnauzte ein Security Angestellter im internationalen(!) Bereich des Frankfurter Flughafens einen älteren Herrn an: "Sie sind hier auf einem deutschen Flughafen - da sollten sie etwas von der Sprache verstehen...") solche Erfahrungen prägen die Wahrnehmung ausländischer Partner von uns, unserem Land und unserer Kooperationshaltung.

Hier Herrn Westerwelles denkwürdige Szene "Es ist Deutschland hier":



Prototypisch für mangelnde interkulturelle Kompetenz sei das Verhalten, merkte ich oben an. Denn leider kennt man Aussagen ähnlicher Qualität auch aus dem internationalen Kontext in Unternehmen. Nicht immer so drastisch konfrontativ formuliert auf eine immerhin höfliche Frage - aber mit ähnlichem Bedeutungsgehalt.

Sensibilisierung für interkulturelle Fragen ist für viele durchaus ein Lernfeld. Auch wer öfter schon mal im Ausland war, spätestens wenn berufliche Aktivitäten die Zusammenarbeit im Internationalen unerlässlich machen, lohnt sich genaueres Hinsehen...

Wem es nicht gegeben ist, im Kontakt mit sich und seinem Umfeld auch in überraschenden Situationen natürlich und gelassen zu agieren, der mag acht geben, aus eigener Unsicherheit und Ängsten heraus nicht genau in den falschen Tonfall zu verfallen. Der klingt in den Ohren anderer noch lange nach und kann als Ausweis für Mangel an Souveränität aber auch Respekt anschließend vieles erschweren.